Von Christkinderln und Weihnachtsmandeln
Autor: Gerhard Blaboll
Verlag: Mohl-Verlag (bei echomedia Buchverlag)
Umfang: 240 Seiten
Kurzinformation zum Buch
Wenn „Kinderln" mit „Christ" und „Mandeln" mit „Weihnachts" gemischt werden, kommt dieses herrliche Buch dabei heraus, welches die Weihnachtszeit in allen Facetten widerspiegelt! Zurücklehnen und lesen ... dann wird's Weihnachten!
(Gerald Pichowetz)
„Ein umwerfend lustiges Vortrags- und Geschenkbuch für alle, die einmal im Leben Weihnachten erlebt haben und trotzdem noch lachen können."
So beurteilen Karlheinz Hackl und Elfriede Ott das neueste Werk von Gerhard Blaboll, der nach den erfolgreichen Büchern „Von Kranken und Gsunden" und „Von Sportlern und Hättiwaris" ein neues Thema des menschlichen Alltags ins Visier genommen hat: die lieben Gewohnheiten.
Gerade zu Weihnachten gibt es ja eine Menge davon und nicht alle sind wirklich sinnvoll. Im Gegenteil, sie können zu Missverständnissen, Konflikten und Situationen führen, die mit der ursprünglichen Bedeutung des friedlichen Festes nicht mehr viel gemeinsam haben. Gerhard Blaboll hat es auf seine gewohnt elegante und selbstironische Weise geschafft, diese Situationen von ihrer humorvollen Seite her zu beleuchten und uns dadurch mit einem Augenzwinkern daran zu erinnern, dass es sich lohnen könnte, seine eigenen Gewohnheiten von Zeit zu Zeit zu überdenken. Und das nicht nur zu Weihnachten, sondern im ganzen Leben.
Gedichte, Lieder und Illustrationen: Alle 31 Kapitel sind auf die 31 Kalendertage des Dezembers abgestimmt (4.: Thema Barbarazweigerl, 6.: Nikolo etc.). Es handelt sich also gewissermaßen um einen erweiterten Adventkalender, sozusagen ein Advent- und Weihnachtskalender oder Dezemberkalender.
Leseprobe aus »Von Christkinderln und Weihnachtsmandeln«
1. Zeitbestimmung
Advent – die stillste Zeit im Jahr. Diese Wortschöpfung ist selbst in ihrer ironischen Variante schon so unoriginell, dass man sie kaum noch verwenden mag. Überall hört man ein einziges Klagen gegen die Hektik und den Stress, die sich in der Vorweihnachtszeit ausbreiten, und ein Rufen nach dem eigentlichen Sinn des Festes.
Dabei könnte man selbst etwas dagegen tun, indem man sich nicht in den Strudel hineinziehen lässt, indem man alte Bräuche bewusst pflegt und Geschenke noch vor dem Dezember besorgt. Aber dann liefe man ja möglicherweise Gefahr, als stressfreier Mensch am Rande der Gesellschaft zu stehen. Und wer will das schon?
Wenn der Schnee vom Himmel fållt
und es mi am Gehsteig knållt,
weil es in der Innenstådt
rutschig is, und ziemlich glått,
wenn die Trümmerln von die Hund
zuadeckt san in aner Stund,
und i drüber går net fluach,
weil i panisch Gschenke such,
wenn, egal wohin’s an ziagt,
ma an Punsch zu kaufen kriagt,
der so ’panscht is, dass i fråg,
wer den Pansch so trinken måg,
wenn die Menschen hektisch san
und si grimmig anfåhrn tan,
kaum dass irgendwås passiert,
wås sie ärgert oder stiert,
wenn sie ålle grantig schaun
und si so ihrn Tåg versaun,
dann is es mir endlich klår:
Jetzt is d’ stillste Zeit im Jåhr!
5. Die schwere Zeit
Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht, aber ich bin ein „Süßer“. Also, das ist bitte im kulinarischen Sinn zu verstehen. Gäbe es mehr solche Menschen wie mich, wären Sachertorten, Punschkrapferln und Topfengolatschen längst auf der Liste der bedrohten Arten. In der Adventzeit stoßen zu ihnen auch noch Vanillekipferln, Rumkugeln, Kokosbusserln, Linzer Augen und, und, und … Wer wie ich das Glück einer burgenländischen Schwiegermutter hat und von dieser auch noch gemocht und daher verwöhnt wird, wird meine Stimmungsschwankungen verstehen.
Jedes Jåhr zur Weihnåchtszeit
werd i ringsum attackiert.
I bin jederzeit bereit,
wenn mi wo a Keks verführt.
Wo Vanillekipferln san,
Kokosbusserln, Linzer Augn,
Schokokeks mit Marzipan,
dort tuat’s mir am meisten taugn!
Kålte Liebe, Schokospeck,
Nougatkugeln – sehr erfreut!
Doch dann kriag i ’s Gwicht net weg!
I håb’s jedes Mål bereut,
dass i jährlich åb Advent
ständig zuanimm, bis Neujåhr,
weil i dauernd essen könnt.
Anerseits is des scho wåhr,
andrerseits is’s evident:
Komm i går zu blad daher,
zählt Neujåhr bis zum Advent
für mei Gwicht bedeutend mehr!
8. Der Spendenmarathon
Oft wird uns Österreichern nachgesagt, dass wir mehr an uns selbst denken als an Bedürftige. Das ist natürlich eine vollkommen haltlose Unterstellung, wie die alljährlichen Spendenrekorde belegen. Karitative Organisationen haben das längst erkannt. Mit den ausgetüfteltsten Tricks gelingt es ihnen, an unsere Spendenbereitschaft zu appellieren. Dass wir dabei vielerlei Risiken auf uns nehmen, um unserer Spendenwilligkeit nachgehen zu können, unterstreicht unsere mildtätige Grundeinstellung. Denn: Spenden ist das halbe Leben. Eben!
„Hearst, måchst mit?“, frågt mei Kollege.
„Nåch der Årbeit gemma heut
auf karitative Wege.
Es is wieder Spendenzeit.“
„Echt? Für wen wolln wir denn spenden?
Geht denn irgndwer in Pension?
Tuat leicht wer sein Job beenden?
Håt wer a Operation?“
„Aber geh, du åltes Scherzkeks!
Wir spaziern von Stand zu Stand
und erhebn an Standl-Index.
So human san wir beinand!
Samariter, edelmütig,
opferwillig und sozial,
richtiggehend spendenwütig,
mildtätig und voll Moral!“
Jetzt kapier i: „Keine Fråge,
logisch spend i mit euch mit,
weil ma zu oft heutzutåge
eh die Not mit Füßen tritt.“
Kaum is d’ Årbeitszeit vorüber,
måchen wir zu viert an Plan
(weil zu mehrt måcht ma des lieber)
und die Spendentour fangt an.
Draußen is es ziemlich eisig,
uns is in die Zechen kålt.
Dagegn hilft nur, wenn ma fleißig
spenden tuat, und möglichst båld.
Los geht’s in der Wiedner Hauptstråß,
weil dort is vorm Roten Kreuz
jedes Jåhr a Riesenpunschfåss,
des bewirkt an Spendenreiz.
Denn gegn a påår Euro Spende
für an wohltätigen Zweck
schenkt die Kellnerin behände
mir an Punsch ein, den i schmeck,
und mir denk: „Na, so besonders
schmeckt der Punsch jå heuer net!
Vielleicht schmeckt der nächste anders?“
Darum hol i a Tablett
für uns vier mit aner Runde
Turbopunsch. Und wirklich wåhr,
schmeckt nåch aner Viertelstunde
der so guat wie vorigs Jåhr.
Langsam wird die Kälten leichter
und wir taun von innen auf.
Dass des so wird, dazu reicht a
dritte Spende glei darauf.
Wir gehn z’ Fuaß bis hinter d’ Oper,
weil dort steht der Lions Club,
der gibt an die Standl-Hopper
Himbeerpunsch gegn Spenden åb.
Dazu gibt’s Vanillekipfeln,
selbstverständlich hausgemåcht,
die liegn aufgehäuft zu Gipfeln –
eine wåhre Augenpråcht!
Leider san s’ nur hårt und knackig.
Trotzdem spenden wir då oft,
weil der Himbeerpunsch is gschmackig,
ziemlich fruchtig, fåst wie Såft.
Nebn uns stehn zwa Rechtsanwälte,
ohne Mantel und Sakko.
Offenbår is a die Kälte
jetzt net mehr wie vorher no,
denn a uns is jetzt scho wärmer,
ganz der Jåhreszeit zum Trotz.
Mit an weitren Spenderwärmer
gehn wir Richtung Stephansplåtz.
Dort wird für den Steffl gspendet,
der ghört dringend renoviert.
Dass der net åls Åbriss endet,
spenden wir ambitioniert,
trinken mehrmåls – mehr aus Anstand –
ein Geschloder von an Punsch
und verlåssen diesen Punschstand,
so der einhellige Wunsch.
Mit der U-Bahn geht es weiter,
weil es is am Råthausplåtz
Licht ins Dunkel und a zweiter
Punschstand mit an Rumersåtz.
Licht ins Dunkel is wås Klasses,
die san echt karitativ.
Ålls, wås ma dort für a haaßes
Gsöff gibt, hilft definitiv.
Drum zåhl i die nächste Runde.
Fröhlich wird herumgeschwätzt
und mit fortschreitender Stunde
wird mir haaßer åls zuletzt.
Wie geküsst von der Tarantel
fåhr i aus mein Übergwand
und häng schwitzend meinen Mantel
seitlich an die Punschstandwand.
Immerhin håb i darunter
eh mei Sakkl a no an.
Des reicht locker, und mitunter
kommt des Sakkl a no dran.
Und wir trinken und wir spenden,
denn wir wissen absolut:
Nur im Himmel kann ma enden,
wenn ma so viel Gutes tut!
Spenden is des hålbe Leben:
Nebn uns steht a Idiot
und der spendet uns soeben,
wås er vorher trunken håt.
Ålso ziehn wir auf die Freyung,
wo am Plåtz vorm Schottenstift
ålles andre åls Kasteiung
auf den edlen Spender trifft.
„Punsch vom Integrationshaus“,
gegn a Spende, sowieso,
schenken sie an Glühweinpunsch aus.
Deshålb san ma schließlich då.
A net schlecht, doch kriag i Hitzen
auf des Wasserl. Apropos,
irgndwås muass i tuan gegn ’s Schwitzen,
drum schlupf i aus mein Sakko.
Irgndwie is die Erderwärmung
heute Åbend ziemlich stårk!
Trotz meiner Sakkoentfernung
schwitz i weiter – is des årg?
Aner sågt: „Kommts, ziag ma weiter,
weil dort vorn, am Plåtz Am Hof,
steht von Radio Wien a gscheiter
Punschstand mit an klassen Stoff.“
Ålso guat, wir ziehn hinüber.
Dort schockt uns der Punschstandwirt:
„Nur no Kinderpunsch is über.“
Wir san sichtlich irritiert,
wandern weiter, weil am Gråben
stehn die Kiwanis herum,
die verkaufen, tuan s’ geloben,
für die Kinder Punsch mit Rum.
Also net der Rum für d’ Kinder!
Sondern sie verwenden den
Reinerlös für junge Inder,
weshålb wir jå spenden gehn.
Nebn uns stehn drei junge Damen
mit an leichten Damenspitz.
Die frågn uns nach unsren Namen
und brülln los wie nåch an Witz.
Dann frågn s’ ohne a Genieren,
ob wir Kavaliere san
und ihnen an Punsch spendieren,
danåch würd ma momentan
jeder glei drei Busserln kriegen.
Irgndwie klingt des ziemlich keck,
doch wir låssen uns besiegen –
Es is zu an guten Zweck!
Aner von uns nimmt die Runde
und er zückt sei Portemonnaie.
I bin båld in åller Munde,
weil i nur im Hemd dåsteh.
Nåch der nächsten Runde Fusel,
gspür i einen stårken Druck,
weshålb i zum Topferl wusel.
Mühsam hålt i ålles z’ruck,
wås si in den letzten Stunden
durch den Spendenmarathon
håt in meiner Blåsen gfunden:
A liquide Munition!
Zu der Gråben-Klotür åbe
geht’s jå gschwind, doch dort hör i:
„Hearn Sie, die Urinåbgåbe
kost an Euro. Håbn S’ an mit?“
I såg: „Låssen S’ mi gschwind eine,
i zåhl nåchher, Ehrenwort!“
Doch i hör: „Des geht net eine!
Z’erst tuan S’ pinkeln, dann san S’ fort!
Nix då! Reibn S’ den Euro uma
oder måchen S’ då an Plåtz
und schaun S’ zua, dass weiterkummen!“ –
„Bitte!“, såg i, „åls Ersåtz
nehmen S’ då des Häferl, und dann
gebn Sie mir zwa Euro z’ruck,
weil då drauf drei Euro Pfand san.
I håb wirklich echt an Druck!“
Des empört die nette Dame
und sie sågt: „Drei Euro Pfand?
Då håb i a echt humane
Weltidee: Gehn S’ z’ruck zum Stand
und danåch, dann kommen S’ wieder,
mit an Kapitalnåchweis,
wenn S’ no wolln, Sie Safensiader.
Pinkeln håt hålt a sein Preis!“
I gspür, lange Diskussionen
låsst mei Blåsen nimmer zua.
Drum såg i: „Tuan S’ mi verschonen,
Sie mit Ihrer Mitleidstour.
Då habn S’ scho mei Häferl, bitte!“
Sie sågt: „Ålso, ausnahmsweis“,
und grinst ganz nåch Klofraun-Sitte:
„Damit håb i heut scho dreißg!“